Standardisierungs-Diskussion: AMEC-Standards – wo stehen wir?

Von: Rebecca Hadler / 09.06.2016

© International Association for Measurement and Evaluation of Communication (AMEC)

Der diesjährige Summit der internationalen Branchenorganisation zur Messung und Evaluation von Kommunikation (AMEC) in London im Juni steht unter dem Motto „Making Metrics Matter – Taking Measurement Mainstream“. AMEC als weltweite Dachorganisation von Dienstleistern aus 48 Ländern im Bereich Messung und Evaluation von Kommunikation hat sich immer wieder dem Thema Standards gewidmet. In Vorbereitung der zu erwartenden Diskussionen ein kurzer, einordnender Rückblick: Was beinhalten die AMEC-Standards? Inwieweit haben sie sich in der Branche durchgesetzt?

Der Anfang: Barcelona Principles

2010 veröffentlichte AMEC die erste Version der Barcelona Principles – sieben Leitlinien, die das internationale Verständnis zur Messung und Steuerung von Kommunikation verbessern sollten. Sie waren ein Versuch, einen übergreifenden Rahmen für effektive Public Relations zu schaffen. Mit der „Barcelona Declaration of Measurement Principles“ wurde erstmals bestrebt, international einheitliche Grundverständnisse zu etablieren. Die verabschiedete Erklärung konzentrierte sich in erster Linie auf die Erfolgsmessung von Public-Relations-Kampagnen und auf „what not to do“-Aspekte. Ein Beispiel dafür ist das fünfte Prinzip: „Anzeigenäquivalenzwerte zeigen weder die Wertschöpfung von PR, noch geben sie Anhaltspunkte für die Zukunft“.

AMEC-Bezugsrahmen

Der Valid Metrics Framework von 2011 ist ein Bezugsrahmen, der zur Messung traditioneller PR-Aktivitäten und ihrer Wertbeiträge dienen soll. Er setzt sich aus den drei Phasen PR-Aktivitäten, intermediäre Effekte (bei der Zwischenzielgruppe Medien) und den Effekten bei der eigentlichen Zielgruppe zusammen. In allen Phasen werden fünf Stufen unterschieden: Aufmerksamkeit, Wissen, Abwägung, Präferenz und Handlung. Daraus ergibt sich eine Matrix, in der mögliche Kennzahlen für alle Felder abgebildet werden können. Für den Praxiseinsatz soll damit eine bessere Übersicht und Kontrolle über die Anwendung von Kennzahlen gegeben werden – von der Anzahl der Artikel über Markenloyalität bis hin zum Kauf.

Auf dem Valid Metrics Framework aufbauend, wurde 2013 der Social Media Valid Framework veröffentlicht. Er berücksichtigt stärker die Besonderheiten von Social-Media-Kommunikation: Merkmale wie Anschlusskommunikation, schnelle Kommentar- und Reaktionsmöglichkeit und die Effekte fehlender Moderatoren sollen nun im Rahmen der Matrix erfassbar werden. Dieser Bezugsrahmen bindet die Standards der Conclave ein und operationalisiert diese. Das Modell bietet zwei Möglichkeiten, die Kennzahlen zu ordnen: entweder nach Inhalt, Social-Media-Kanal und Einfluss auf die Geschäfte oder nach Paid, Earned und Owned Media. Für beide Vorschläge sollen die Stufen Aktivierung der Bezugsgruppen, Einbindung, Änderungen in Einstellungen und Meinungen, Einfluss auf Werte und Empfehlung durch Bezugsgruppen gelten. Sie ersetzen den bisherigen „Verkaufstrichter“ des Valid Metrics Framework.

Beide Bezugsrahmen sollen AMEC Mitgliedern einheitliche und strukturierte Planungsprozesse für die Messung und Evaluation von Kommunikation ermöglichen.

Die Fortsetzung: Barcelona Principles 2.0

Die 2015 verabschiedete Neuauflage der Barcelona Principles versucht, alle Kommunikationsfunktionen in Organisationen zu berücksichtigen, und hofft auf eine breitere Anwendung. Im Gegensatz zur ersten Fassung lassen sich die Barcelona Principles 2.0 als eine Art Leitfaden verstehen, der sich mehr auf „what to do“-Aspekte fokussiert. Deutlich werden soll, dass Erfolgsmessung, Evaluation und Zielsetzung ganzheitlich über paid, earned und owned media sowie über unterschiedliche Kanäle hinweg betrachtet werden müssen. So wird beispielsweise empfohlen, Social-Media-Aktivitäten konstant mit anderen Kanälen zusammen zu messen.

Eine Einordnung

Der praktische Nutzen der AMEC-Ansätze erscheint bisher gering, eine starke Durchdringung der Standards ist bisher nicht erkennbar (European Communication Monitor 2015). Die Herausforderung ist, die Perspektive der Dienstleister durch die der Praktiker zu erweitern, die in den Unternehmen Kommunikation verantworten, Strategien entwickeln, Ziele vereinbaren, Prozesse gestalten und Kennzahlen erheben. Neben den AMEC-Rahmen und -Standards stehen weitere Ansätze, die diesen Schritt bereits gegangen sind, zum Beispiel der deutsche DPRG/ICV-Bezugsrahmen, der Steuerungs- und Managementaspekte stärker einbezieht oder die Standards der Coalition for Public Relations Research.

Ausblick

Die Erfolgsmessung und Evaluation von Kommunikationsaktivitäten zur alltäglichen Routine im Rahmen der Kommunikationsfunktion werden zu lassen, ist ein ambitioniertes Ziel des AMEC Summit 2016. Dafür braucht es grundlegende Veränderungen in Unternehmen und der Wertbeitrag von Kommunikation an den Unternehmenszielen muss sehr viel deutlicher herausgearbeitet werden (Starter-Kit Kommunikationscontrolling).
Welche Standards sich durchsetzen und geeignet für die Praxis sind, bleibt abzuwarten. Basis könnte eine systematische Erhebung und Einordnung der verschiedenen weltweiten Standards, Modelle und Ansätze nach Ähnlichkeiten, Unterschieden, Anwendung in der Praxis sowie Vor- und Nachteilen sein. Erste Initiativen in diese Richtung gibt es bereits (Task Force on Standardization of Multi-Stage Public Relations Measurement Models). Die Diskussionen in London im Juni werden weitere Einblicke und Erkenntnisse liefern.


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