Wirkungsstufen/Evaluation

Kommunikation ist ein zweiseitiger und mehrstufiger Prozess, der seine Wirkung in mehreren Dimensionen entfaltet und daher auch in verschiedener Weise scheitern oder erfolgreich sein kann.

Zielsetzung und Evaluation als Teil des Kommunikationmanagements

Im Rahmen des Kommunikationsmanagements müssen daher bei der Planung stets mehrdimensionale Zielsetzungen vorgenommen werden. Ob diese erreicht werden, muss während oder nach der anschließenden Umsetzung einzelner Maßnahmen, z. B. der Medienarbeit, Online- oder Eventkommunikation im Rahmen der (PR-) Evaluation überprüft werden. Dabei behält die formative Kontrolle prozessbegleitend die weitere Gültigkeit von Annahmen, Plänen und Zielen im Auge, während die summative Kontrolle ex post kontrolliert, ob die beabsichtigten Wirkungen eingetreten sind.

Controlling des Kommunikationsprozesses

Um Zielerreichung und Erfolg beurteilen zu können ist es notwendig, Kommunikations- prozesse in den einzelnen Phasen von der Initiierung bis zur potenziellen Wirkung zu analysieren. Die PR-Evaluationsforschung hat hierzu in den vergangenen Jahren verschiedene Konzepte vorgelegt, die mit unterschiedlichen Wirkungsstufen wie Output, Outtake, Outgrowth, Outcome und Outflow operieren, diese aber zum Teil unter- schiedlich definieren. Vor diesem Hintergrund haben sich Wissenschaftler, Kommunikationsmanager und Controller im deutschsprachigen Raum in einem umfassenden Diskussionsprozess auf einen einheitlichen Bezugsrahmen verständigt – den DPRG/ICV-Bezugsrahmen für Kommunikations-Controlling (Rolke/Zerfaß 2010). Das Konzept wurde im Frühjahr 2009 von der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) und dem Internationalen Controller Verein (ICV) als Branchenstandard verabschiedet und ist bereits von namhaften Unternehmen und anderen Berufs- organisationen wie dem Kommunikationsverband übernommen worden.

 

Der DPRG/ICV Bezugsrahmen für Kommunikations-Controlling [Download PDF


Der DPRG/ICV-Bezugsrahmen ist kein „durchrechenbares“ Modell, sondern ein Redeinstrument, das Orientierung auf einer Metaebene geben und die Vielzahl vorhandener Evaluationsmethoden und Kennzahlen in der Praxis anschlussfähig machen will. Im Kern handelt es sich bei dem Wirkungsstufen-Bezugsrahmen um ein komplexes Input-/Output-Schema, wobei die Wirkungsseite fünfstufig aufgefächert ist. Die Phasen gliedern sich in:

  • Input („Welche Aufwendungen werden für die Kommunikation gemacht?“). Die eingesetzten Ressourcen umfassen den Personaleinsatz und den Finanzaufwand für Kommunikation. Beides lässt sich in Kostenkategorien messen.
  • Interner Output („Was wird vom Unternehmen selbst geleistet?“). Hier geht es um die Prozesseffizienz, die zum Beispiel durch Budgettreue, Durchlaufzeiten und Fehlerquoten belegt werden kann, und um die Qualität der Aktivitäten von Kommunikationsabteilungen und -agenturen. Eine wichtige Messgröße ist dabei die Zufriedenheit (interner) Auftraggeber. Der Fokus liegt immer noch bei der Organisation selbst und der Initiierung der eigentlichen Kommunikationsprozesse.
  • Externer Output („Welche Kontaktangebote werden geschaffen?“). Diese Wirkungsstufe bezieht sich auf die Reichweite und Inhalte der Kommunikationsangebote, die den Bezugsgruppen bzw. Rezipienten zugänglich sind. Mit Kennzahlen wie Clippings von Medienberichten, Visits auf Websites oder dem Share of Voice als Anteil von Unternehmens- meldungen an der gesamten Medienberichterstattung in einer Branche werden Eigenschaften von Medien bzw. Kommunikationskanälen erhoben. Dies sind notwendige Voraussetzungen für das Gelingen von Kommunikationsprozessen, aber noch keine Indikatoren für eine gelungene Verständigung mit den Bezugsgruppen.
  • Direkter Outcome („Inwiefern werden Wahrnehmung und Wissen gesteigert?“). Mit Wahrnehmung, Nutzung und Wissen geht es hier um Veränderungen bei den Stakeholdern selbst. Awareness, Verweildauer, Leser pro Ausgabe, Recall und Recognition sind typische Kennzahlen, mit denen das Zustandekommen von Verständigung und die Informations- generierung in kommunikativen Interaktionen nachgewiesen werden kann.
  • Indirekter Outcome („Wie stark werden Meinungen /Absichten beeinflusst?“). Diese Phase bezieht sich auf die Einflussnahme als das eigentliche Ziel aller Kommunikationsprozesse. Meinung, Einstellung, Emotionen sowie Verhaltensdisposition und Verhalten bzw. Handeln von Stakeholdern können durch Indikatoren wie Markenimage, Reputations- indizes, Mitarbeiter-Commitment, Kaufbereitschaft usw. erhoben werden.
  • Outflow („Welche werthaltigen Zielgrößen können dadurch erhöht werden?“). Als Ergebnis von Kommunikationsprozessen können strategische und/oder finanzielle Zielgrößen im Leistungsprozess oder materielle und/oder immaterielle Ressourcen bei der Kapitalbildung beeinflusst werden. Messgrößen sind hier beispielsweise Umsatz, Projektabschlüsse, Kostenreduktion oder Reputations- und Markenwerte. Der Beitrag der Kommunikation zur übergeordneten Unternehmens- strategie muss im Gegensatz zu den bislang genannten, standardisiert evaluierbaren Wirkungsstufen unternehmensspezifisch evaluiert werden, da jedes Unternehmen anders in Markt und Gesellschaft positioniert ist. Dennoch lassen sich einige allgemeingültige Aussagen ableiten. Dabei kann man einerseits an die generische Strategy Map des Unternehmens anknüpfen, die typische Einflussfaktoren für einzelne Handlungsbereiche identifiziert und durch kommunikative Value Links (Werttreiber) und Kennzahlen ergänzt werden kann. Durch flexible Steuerungssysteme wie Scorecards sind unternehmensspezifische Implementationen möglich. Darüber hinaus werden standardisierte Verfahren zur Bewertung von Marken und Image/Reputation eingesetzt, um das maßgeblich durch Kommunikation aufgebaute immaterielle Kapital zu bewerten. Messgrößen sind damit beispielsweise Umsatz, Projektabschlüsse, Kostenreduktion oder Reputations- und Markenwerte.

Empirische Befunde

In der Unternehmenspraxis werden die einzelnen Ebenen des Kommunikationsprozesses in sehr unterschiedlicher Weise evaluiert. Eine Befragung unter 1.955 leitenden Kommunikationsmanagern in Europa (Zerfass et al. 2010) zeigte, dass der Schwerpunkt derzeit eindeutig auf die Wirkung in den Massenmedien bzw. die Reichweite eigener Kommunikationsplattformen wie Internet und Intranet gelegt wird (externer Output). 76 Prozent der Befragten versuchen, in diesem Bereich mehr Transparenz zu schaffen. Immerhin 54 Prozent richten nach eigenen Angaben den Blick auf das Gelingen der Verständigung mit den Kommunikationspartnern (direkter Outcome). Kennzahlen für die eigene Effizienz (interner Output) erheben nur knapp 42 Prozent; ebenso spielt die Beeinflussung als eigentliches Ziel jeglicher Kommunikation (indirekter Outcome) eine deutlich geringere Rolle (ca. 42 Prozent). Entscheidend - und aus Sicht eines wertorientierten Kommunikationsmanagements erschreckend - ist jedoch, dass sowohl die Aufwendungen (Input) als auch die Auswirkungen auf die Unternehmensziele einschließlich der Schaffung immaterieller Vermögenswerte (Outflow) nur wenig erhoben werden (Input: etwa 40 Prozent; Outflow: 25 Prozent).

Erweiterungen und Modifikationen

Der skizzierte Bezugsrahmen kann in der Praxis weiter verfeinert werden. Insbesondere ist dabei zwischen direkten und indirekten Kommunikationsmaßnahmen zu unterscheiden. Während die Botschaften eines Unternehmens bei der direkten Kommunikation, z. B. im Rahmen eigener Veranstaltungen oder durch Corporate Publishing / Unternehmens-Websites sofort Kontaktmöglichkeiten (Output) schaffen, wendet sich die indirekte Kommunikation z. B. bei der Pressearbeit, der Mund-zu-Mund-Kommunikation und der viralen Kommunikation im Web zunächst an Gatekeeper, Meinungsmacher und Multiplikatoren. Damit müssen zunächst dort Verfügbarkeit und Wirkungen (Output / Outcome auf der Ebene der Mittler) erreicht und gemessen werden, bevor die Botschaft durch auf diese Weise induzierte Handlungen, z. B. die Bericht- erstattung in einer Fachzeitschrift oder in einem Weblog, überhaupt die eigentlich avisierten Stakeholder erreicht.

Literatur

Baerns, Barbara (Hrsg.) (1997): PR-Erfolgskontrolle. Messen und Bewerten in der Öffentlichkeitsarbeit. Verfahren, Strategien, Beispiele. 2. Auflage. Frankfurt/Main: Frankfurter Allgemeine Buch.

Besson, Nanette A. (2008): Strategische PR-Evaluation. Erfassung, Bewertung und Kontrolle von Öffentlichkeitsarbeit. 3. Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

DPRG Deutsche Public Relations Gesellschaft/GPRA Gesellschaft Public Relations Agenturen (2000): PR-Evaluation. Messen, Analysieren, Bewerten – Empfehlungen für die Praxis. Booklet des Evaluationsausschusses von DPRG und GPRA. Bonn.

Kaplan, Robert S./Norton, David P. (2004): Strategy Maps. Der Weg von immateriellen Werten zum materiellen Erfolg. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

Lindenmann, Walter (2003): Guidelines for Measuring the Effectiveness of PR Programs and Activities. Gainesville (FL): IPR. (PDF)

Merten, Klaus (2009): Wirkungen von Kommunikation: In: Bentele, Günter/Piwinger, Manfred/Schönborn, Gregor (Hrsg.): Kommunikationsmanagement (Loseblattsammlung). München, Nr. 8.31, S. 1-34. [www.hlv-kommunikationsmanagement.de]

Paine, Katie D. (2007): Measuring Public Relationships. The Data-Driven Communicator's Guide to Success. Berlin (NH): KDPaine & Partners.

Rolke, Lothar/Zerfaß, Ansgar (2010): Wirkungsdimensionen der Kommunikation: Ressourceneinsatz und Wertschöpfung im DPRG/ICV-Bezugsrahmen. In: Pfannenberg, Jörg/Zerfaß, Ansgar (Hrsg.): Wertschöpfung durch Kommunikation. Kommunikations-Controlling in der Unternehmenspraxis. Frankfurt/Main: Frankfurter Allgemeine Buch, S. 50-61.

Watson, Tom/Noble, Paul (2007): Evaluating Public Relations. 2. Auflage. London: Kogan Page. 

Zerfaß, Ansgar (2009): Immaterielle Werte und Unternehmenskommunikation – Herausforderungen für das Kommunikationsmanagement. In: Möller, Klaus/Piwinger, Manfred/Zerfaß, Ansgar (Hrsg.): Immaterielle Vermögenswerte: Bewertung, Berichterstattung und Kommunikation. Stuttgart: Schäffer-Poeschel, S. 23-47.

Zerfaß, Ansgar (2007): Unternehmenskommunikation und Kommunikationsmanagement: Grundlagen, Wertschöpfung, Reputation. In: Piwinger, Manfred/Zerfaß, Ansgar (Hrsg.): Handbuch Unternehmenskommunikation. Wiesbaden: Gabler, S. 21-70.

Zerfass, Ansgar/Tench, Ralph/Verhoeven, Piet/Verčič, Dejan & Moreno, Angeles (2010): European Communication Monitor 2010. Status Quo and Challenges for Public Relations  in Europe. Results of an Empirical Survey in 46 Countries (Chart Version). Brussels: EACD, EUPRERA. [www.communicationmonitor.eu]


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