Rezension: Semiometrie neu entdeckt

Von: MP / 14.02.2008

In dem soeben erschienen Buch werden neue Perspektiven für die Markenkommunikation eröffnet. Im Vorfeld der Kommunikation eingesetzt kann die Methode Möglichkeiten aufzeigen, effizienter zu kommunizieren. Die Leitfrage lautet: Wie erreicht eine Marke ihre Zielgruppe?

Soziodemographische Merkmale reichen aus Sicht der Autoren dafür nicht aus. Zudem erklärten sie das Verhalten auch nicht. Semiometrie wird beschrieben als eine Methode, die wertebasierte Zielgruppenprofile definiert und so eine integrative Markenkommunikation ermöglicht. Grundlegende Werteorientierungen, Einstellungen und Lebensstile spielen dabei eine wichtige Rolle. Zu diesen Werten gehören z.B. „traditionsverbunden“, „pflichtbewusst“, „sozial“, „familiär“ usw. - ingesamt 14 Wertekategorien. Erst wenn klar sei, über welche Werte eine Zielgruppe verfügt und wie sie „tickt“, ließen sich adäquate Marketingmaßnahmen entwickeln.

Semiometrie für die Beschreibung der Zielgruppe

Andre Petras, Leiter des Semiometrie Centers bei TNS Infratest, und Vazrik Bazil, Kommunikations- und Sprachberater, beschreiben hier erstmals umfassend, welche Möglichkeiten Semiometrie für die Beschreibung von Zielgruppen bietet. Dieses in der Praxis erfolgreich eingesetzte Methode erkundet anhand der individuellen Bewertung von 210 Schlüsselbegriffen (im Buch aufgeführt) die Wertvorstellungen der Zielgruppen. Wörter dienen in diesem Ansatz also als Indikatoren zur indirekten Messung von Wertehaltungen. Mit dem semiometrischen Ansatz lassen sich sowohl Zielgruppen definieren als auch die gewonnenen Erkenntnisse in der Mediaplanung, im Direktmarketing oder bei der Auswahl von Sponsoring- und Testimonialpartnern umsetzen. Offen bleibt für den Rezensenten, inwieweit das Modell auch für die Positionierung von Personen in der Öffentlichkeit ein geeignetes oder sogar sehr hilfreiches Verfahren darstellen kann. Dazu wird in dem Buch leider nichts gesagt.

Zwar wendet TNS Infratest seit Längerem die Semiometrie (Mitte der 80er Jahre von Jean-Francois Steiner entwickelt) als eine wertebasierte Methode zur Ermittlung von Zielgruppen an. Neu ist aber in diesem Buch die systematische und recht anschauliche Darstellung dieser Methode und, daneben  die Einbeziehung der Sprache in der Markenführung. Mit dem semiometrischen Begriffen können Marken ihre Merkwelten schaffen. Sprache als ein Instrument, um Zielgruppen markengerecht anzusprechen und nicht nur wie bisher, um Zielgruppen zu definieren. Beides zusammen macht den hohen praktischen Wert dieses Buches aus. In ihm finden wir viele Praxisbeispiele aus Werbung und Marketing sowie Mustertexte mit Verbesserungsvorschlägen.

Effizient kommunizieren: Sprachmanagement empirisch messbar

Interessant ist diese Methode auch deshalb, weil sie als eines der sehr wenigen Verfahren im Sprachmanagement empirisch messbar ist. Bereits in Pretests kann festgestellt werden, ob die gewählte Sprache (und „An-Sprache“) und deren Tonalität den Wertehaltungen der Zielgruppen entspricht oder nicht. Mögliche Abweichungen können so bereits im Vorfeld korrigiert oder verbessert werden. Pretests würden dann das Gesamtergebnis ermitteln und den Erfolg bzw. Misserfolg der sprachlichen Kommunikation feststellen.

Zwar fokussieren sich Petras und Bazil im engeren Sinne auf die Markenführung von Unternehmen, was anfänglich den Eindruck erweckt, als sei die semiometrische Methode nur hierfür geeignet. Doch weit gefehlt. Allein, wer sich einmal die Charakterisierung der semiometrischen Wertefelder (S. 33-87) genauer ansieht, dem geht schnell ein Licht auf. Denn das ist Grundlagenliteratur für die Gestaltung von Unternehmensauftritten schlechthin. Kommunikationsprofis sollten über diesen Zaun schauen!

Manfred Piwinger, Wuppertal

Bibliographische Angaben
Petras, Andre/ Bazil, Vazrik (2008): Wie die Marke zur Zielgruppe kommt. Optimale Kundenansprache mit Semiometrie. Wiesbaden: Gabler, 189 Seiten. ISBN 978-3-834-90596-3, 39.90 EUR

Weitere Informationen beim Verlag Gabler. Inhaltsverzeichnis und Auszüge sind online verfügbar.


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