Thought Leaders Interview: Sandra Macleod

Von: Anika Müller / 16.10.2013

Im Zuge der Interview-Reihe “Thought Leaders in PR Measurement” berichtet diese Woche Sandra Macleod, Geschäftsführerin der Echo Research Group, von ihren Erfahrungen mit der Steuerung und Evaluation von Kommunikation. Die Mitgründerin der weltweiten Branchenorganisation zur Messung und Evaluation von Kommunikation AMEC erläutert hier, welche Erkenntnisse sie innerhalb der vergangenen 30 Jahre gesammelt hat und warum internationale Standards im Bereich des Kommunikations-Controllings ihrer Ansicht nach so wichtig sind.

communicationcontrolling.de: Frau Macleod, wann haben Sie angefangen, sich mit Steuerung und Evaluation von Kommunikation zu beschäftigen und warum interessiert Sie gerade dieses Thema?

Sandra Macleod: Ich habe an einer Universität in Kanada PR studiert und danach einige Jahre bei der PR-Agentur Edelman in London und Paris gearbeitet. Danach wurde ich mit Mitte 20 Director of Communications in einer global führenden Unternehmensberatung. Während ich unsere führende Rolle in den Bereichen Positionierung und Strategie ausbauen wollte, wollte das Top-Management, dass ich mich weiterhin rein darauf konzentriere, möglicht viel Berichterstattung in der Financial Times zu generieren. Ich merkte, dass dies nicht der einzige Weg war und bat um ein Budget, um Marktforschung bei unseren Auftraggebern zu betreiben, die wir gerade gewonnen oder verloren haben, oder mit denen wir gern zusammenarbeiten würden. Das Feedback war hochinteressant: Unserer einziger, großer Auftraggeber war gerade drauf und dran, uns zu verlassen, da er bei anderen Beratungsunternehmen Angebote sah, von denen er nicht wusste, dass wir diese auch anboten! Unsere Broschüren und Prospekte verrieten nichts von den Dingen, die wir bereithielten und niemand dachte daran, uns zu beauftragen. Die stärkere strategische Ausrichtung und Positionierung der Kommunikation, für die ich eintrat, war damit besiegelt. Seitdem habe ich es nie bereut, angewandte Forschung zu betreiben, um eine PR umsetzen zu können, die vorteilhaft für das Kerngeschäft ist.

Das vorliegende Interview ist Teil unserer zwölfteiligen Interviewreihe "Thought Leaders in PR Measurement". In dieser berichten Menschen, die die internationale Diskussion im Bereich Kommunikations-Controlling auf den Weg gebracht und in verschiedenen Phasen geprägt haben über ihre persönlichen Erkenntnisse und Erfahrungen.

cc.de: Warum sind Sie der Ansicht, dass Kommunikations-Controlling heutzutage für Organisationen essentiell ist?

Macleod: Wir befinden uns in einem Zeitalter, in dem es nicht mehr darum geht, Produkte einfach auf den Markt zu bringen, sondern es geht um Differenzierung bei Dingen, die für unsere Auftraggeber entscheidend sind. Die sozialen Medien stürzen weltweit wie eine Lawine aus unqualifizierten Informationen auf uns herab. Da ist Überzeugungsarbeit in einem gewissen Ausmaß der einzig wahre Weg, um einen Durchbruch zu schaffen und aktiv Verhaltensweisen zu lenken. Die Kommunikationsforschung und -messung ist der einzige sichere Weg, um das alles einzubeziehen und genauestens die Meinungsmacher und was für diese relevant ist, zu definieren. Nur so kann man wiederum Anpassungen innerhalb und außerhalb der Organisation fördern. Ohne dieses Wissen und eine Beratung hinsichtlich der Informationslücken werden die meisten Unternehmen langsam, aber sicher zu Grunde gehen.

cc.de: Was waren für Sie die wichtigsten Erkenntnisse und Wendepunkte bei der Beschäftigung mit dem Themenfeld Kommunikations-Controlling?

Macleod: Wirkliche, prozessfähige Einblicke und Entdeckungen, immer und immer wieder aus erster Hand zu sehen. Das ist konstruktiv und schafft neue Energie – zu einer Zeit, zu der Organisationen noch genauer zuhören müssen als je zuvor. Überzeugende Antworten und Wahrheiten liegen in Organisationen und außerhalb. Wenn Menschen nicht agieren, sondern nur gern herumschauen – dann reagiere auf sie.

cc.de: In der internationalen Forschung bestehen immer noch große Diskrepanzen zwischen der Wichtigkeit und der tatsächlichen praktischen Umsetzung von Kommunikations-Controlling. Auch wenn dies kontinuierlich bemängelt wird, scheint sich nichts zu ändern. Glauben Sie, dass es eine Lösung für dieses Dilemma gibt?

Macleod: Als Mitgründerin der AMEC habe ich hart für den Konsens über wesentliche Inhalte, wie etwa Grundannahmen und Methoden, gearbeitet: Wie sich Ergebnisse ermitteln und darstellen lassen und dann an individuelle Präferenzen und Unternehmensabläufe angepasst werden können. Wir werden nie eine Universalmethode erreichen, und das wäre auch völlig falsch. Immer mehr Auftraggeber sind besser über den Stand der Forschung informiert; ihre Nachfragen werden besser und professionelle Standards steigern sich. Viele frühere Start-Up`s in diesem Bereich sind verschwunden, und nun wächst ein anspruchsvollerer Branchenzweig rund um essentielle Dienstleistungen des Kommunikations-Controllings heran.

cc.de: Sind Sie der Ansicht, dass es möglich ist, internationale Standards zu entwickeln, die die Verbindung von Kommunikation und Organisationszielen und die Evaluation von Kommunikationsaktivitäten ermöglichen? Was sind die Vor- und Nachteile und wer könnte von solchen Initiativen profitieren?

Macleod: Ich glaube tatsächlich, dass die Arbeit, die die AMEC, das Institute for Public Relations und die Measurement Commission in den USA zusammen geleistet haben, ein bedeutender Schritt in genau diese Richtung ist. Mit den Barcelona und Lisbon Principles haben sie hilfreiche Richtlinien zur tägliche Arbeit für uns alle geschaffen. Und: Diese Leitlinien betrachten auch den Outcome des Unternehmens und nicht nur den der Kommunikation. Vorteile sehe ich allerdings nur für eine professionellere und anspruchsvollere Verständigung, die schon an für sich sehr komplex ist, da es im Wesentlichen um Verhaltensanstöße geht. Die Branche wächst und das kann man nur befürworten und unterstützen. Wer am meisten davon profitiert? Die Auftraggeber-Organisationen selbst, da sie fundierte Einblicke besser nutzen können, korrekt abgeleitet und bestätigt, um Erfolg und Fortschritte zu fördern.

cc.de: Was ist Ihrer Ansicht nach in Zukunft die größte Herausforderung für das Kommunikations-Controlling?

Macleod: Dass wir noch immer von der “Messung und Evaluation von Public Relations” sprechen, obwohl immer mehr professionelle Dienstleister in den Bereich der Reputation umschwenken – von Buchhaltern, Bilanzprüfern, Management-Beratern über Juristen bis hin zu Versicherern. Von denen, die Kommunikation oftmals nicht verstehen, werden die einzelnen Ausprägungen dann unter dem größeren Titel “Reputationsforschung” subsumiert. Das ist ein sehr großer Unterschied: Und trotz einiger Hinweisen auf die damit einhergehende Deprofessionalisierung geschieht das vor unseren Augen! Die PR-Community läuft Gefahr, einen der größten und leistungsfähigsten Hebel ihres Geschäfts zu verlieren.

cc.de: Vielen Dank für das Gespräch.


Über Sandra Macleod

Sandra Macleod ist Geschäftsführerin der Echo Research Group, einem Unternehmen zur Reputationsforschung mit Sitz in London/Großbritannien. Sie hat mehr als 30 Jahre Berufserfahrung in den Bereichen der Kommunikations- und Reputationsanalyse und -evaluation. Als Autorin und Lektorin war sie an Buchpublikationen zu Themen wie Professional Accountability und Corporate Responsibility beteiligt. Macleod ist Mitgründerin der AMEC, der weltweiten Branchenorganisation zur Messung und Evaluation von Kommunikation und unter anderem Mitglied des Chartered Institute for Public Relations (UK), der Market Research Society (UK) und Mitglied des McKinsey Women as Leaders` Forum. Sandra Macleod lehrt als Visiting Professor im Fach Reputation Management an der New York University im Studiengang Master of Science Public Relations & Corporate Communication.


Die englische Fassung des Interviews mit Sandra Macleod finden Sie hier.


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