Ausblick 2015 – Experten aus Wissenschaft und Praxis skizzieren ihre Themenschwerpunkte im neuen Jahr

Von: Claudio Rehmet / 16.01.2015

Quelle: Tim Reckmann / pixelio.de

Um das neue Jahr einzuläuten, hat communicationcontrolling.de fünf Experten aus der Wissenschaft und der Praxis befragt, welche Problemstellungen sowie Herausforderungen bevorstehen und welche Trends sie für 2015 im Bereich des Kommunikations-Controllings erwarten. Prof. Dr. Lothar Rolke lehrt Betriebswissenschaften und Unternehmenskommunikation an der Fachhochschule Mainz und ist gemeinsam mit Jan Sass Leiter des DPRG-Arbeitskreises für Kommunikationssteuerung und Wertschöpfung. Die empirische Absicherung des Kommunikations-Controllings, die Professionalisierung des Webmonitorings und der Weg hin zu einem integrierten Kommunikations-Controlling gehören nach Rolke im neuen Jahr zu den Themenschwerpunkten.

communicationcontrolling.de: Herr Prof. Dr. Rolke, mit welchen Problemstellungen werden Sie sich im Bereich des Kommunikations-Controllings im kommenden Jahr auseinandersetzen?

Prof. Dr. Rolke: Es gibt zwei große Baustellen, auf denen wir vorankommen müssen: Zum einen müssen wir das Kommunikations-Controlling viel stärker empirisch absichern. Hierzu steht uns das breite Methoden-Set der empirischen Sozialforschung beziehungsweise der Markt- und Meinungsforschung zur Verfügung. Dieses wird von den klassisch ausgebildeten Managern aus der PR- und Unternehmenskommunikation viel zu wenig genutzt. Insofern ist vielen noch zu häufig unklar, welche Wirkungen sie mit ihrer Kommunikation tatsächlich erzielen. Zum anderen müssen wir das Webmonitoring weiter professionalisieren, um zu lernen, mit unseren Kontaktangeboten näher am User zu sein, der einen Benefit braucht, wenn er mit dem Unternehmen in Kontakt bleiben soll.

cc.de: Was sind Ihrer Meinung nach die Trends 2015, mit denen sich Wissenschaft und Praxis beschäftigen sollten?

Rolke: Kommunikationsmanagement wird sich immer stärker zu einem Touchpoint-Management entwickeln. Bevor wir uns mit Botschaften und Fragen des Contents beschäftigen, müssen wir uns darüber klar werden, wo uns unsere Stakeholder und Zielgruppen schon jetzt begegnen, was sie dort vorfinden und was sie erwarten. Wer heute nachhaltige kommunikative Beziehungen aufbauen will, sollte die Magnetkraft des eigenen Angebotes oder der eigenen Marke nicht überschätzen. Auch eine noch so strahlende Marke entwickelt keine Bindungskraft, wenn sie ihren Stakeholdern nicht verspricht, konkrete Bedürfnisse und Erwartungen zu befriedigen. Menschen agieren nun mal im Eigeninteresse und schauen sich währenddessen um, wer ihnen dabei helfen kann. Hier liegt der Schlüssel für erfolgreiche Kommunikation: funktionalen oder symbolischen Nutzwert bieten.

cc.de: Was bedeutet das praktisch?

Rolke: Content- und Channel-Verantwortliche in den Unternehmen müssen dem gleichen Prinzip folgen: Gute Antworten kann nur der geben, der die konkreten Fragen seiner Anspruchsgruppen kennt – der nicht den Besserwisser gibt, aber auch nicht weniger weiß als seine Gesprächspartner. Kommunikations-Steuerung beginnt folglich mit der Frage, was die anderen wollen und was das Unternehmen geben kann. Man kann auch zugespitzt sagen: Da Unternehmenskommunikation vor allem auf Mitteilungen basiert, hängt der Erfolg wesentlich von der Fähigkeit zu teilen ab.

cc.de: Welche Ziele gilt es in Wissenschaft und Praxis zu erreichen?

Rolke: Unternehmen neigen nach wie vor dazu, in Zielgruppen zu denken und diese dann auch noch zu segmentieren, um sie vermeintlich gezielter ansprechen zu können. Tatsächlich aber sind der langjährige Kunde und zufällige Zeitungsleser, der Internetuser, Sponsoring-Profiteur und Bekannte eines Mitarbeiters im Unternehmen häufig ein- und dieselbe Person, die nur in verschiedenen Rollen und an verschiedenen Orten mit dem Unternehmen in Kontakt kommen. Wie kann ein Unternehmen dann trotzdem stur daran festhalten, dass Unternehmenskommunikation, Marketing, die Sponsor-Abteilung und Human Ressources unabgestimmt ihre Botschaften und Kommunikationsangebote in die Online- und Offlinewelt posaunen dürfen. Nur eine abteilungsübergreifende, lernende und kooperative Kommunikation vermag auf Dauer mit den komplexen Kommunikationsverhältnissen der Webgesellschaft klar kommen. Das allerdings setzt ein integriertes Kommunikations-Controlling voraus.

cc.de: Welchen Herausforderungen müssen sich Wissenschaft und Praxis in 2015 stellen?

Rolke: Die größten Herausforderungen liegen in den internen und externen Veränderungsdynamiken, denen Unternehmen heute ausgesetzt sind. Geschäftsmodelle unterliegen den gleichen Risiken wie die Märkte, auf denen sie sich zu behaupten suchen. Man denke nur an die Medienwelt, die Energiewirtschaft oder die Banken, die sich allesamt in einem massiven Umbruch befinden. Kommunikation muss hier professioneller Begleiter sein, das heißt situativ Rat geben können, ohne die Strategie aus den Augen zu verlieren. Des Weiteren muss sie zum Erhalt von Vertrauen Barrieren abbauen und online wie offline die Folgen von Informationen abschätzen können. Voraussetzung dafür ist, mit den Stakeholdern im ständigen Kontakt zu sein. Das geht weder ohne eine aktive Präsenz im Netz noch ohne Markt- und Meinungsforschung, weder ohne die Zeit für Gespräche mit wichtigen Anspruchsgruppen noch ohne kommunikative Experimente. Wer aus all dem lernen will, muss zuhören und beobachten können – nicht alles, aber das, was wichtig ist, systematisch und methodenbasiert. Nach meinen Erfahrungen gilt das für Wissenschaft und Praxis gleichermaßen.

Communicationcontrolling.de dankt Herrn Prof. Dr. Rolke für seinen Ausblick. In den kommenden Wochen werden weitere Beiträge zum Thema „Ausblick 2015 – Experten aus Wissenschaft und Praxis skizzieren ihre Themenschwerpunkte im neuen Jahr“ folgen.


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