"Praxiswissen": Texte auf Verständlichkeit testen

Von: Elena Gebel / 11.08.11

Wer im Internet nach einem kostenlosen Tool sucht, um die Verständlichkeit seiner Texte zu testen, sieht sich einem Dickicht an unterschiedlichen Angeboten gegenüber.

Viele davon dienen eher dem Spaß für zwischendurch als einer richtigen Textanalyse. So deckt zum Beispiel das Blabla-Meter auf, "wie viel heiße Luft sich in Texte eingeschlichen hat" und gibt als Ergebnis einen "Bullshit-Index" für PR- und Werbetexte aus. 

stilversprechend - Tool zum Testen der Verständlichkeit von Texten und Websites 

Vielfältigere Ergebnisse lassen sich hingegen mit dem Tool stilversprechend erzielen. Die Anwendung testet Websites, Dokumente und eingefügte Texte auf unterschiedliche formale Kriterien.

Standardmäßig gibt das kostenlose Tool folgende Werte aus: 

  • Anzahl von Sätzen, Wörtern, Silben und Zeichen
  • Durchschnittswerte: Wörter pro Satz, Silben pro Wort, Kommata pro Satz
  • Verhältnis Passivkonstruktionen zur Anzahl der Sätze (Passivrate)

Außerdem kann der Nutzer eine Reihe von Zusatzanalysen je nach Wunsch auswählen. So können zum Beispiel Floskeln, Füllwörter, Anglizismen oder lange Wörter und Sätze analysiert werden. Im Text werden dann die entsprechenden Stellen auf unterschiedliche Weise hervorgehoben. Lässt man den Cursor über eine markierte Passage gleiten, zeigt das Tool an, um welche ausgewählte Analyse es sich handelt. 

Beispielanalyse eines FAZ-Beitrags mit dem Tool stilversprechend

Berechnung des Flesch-Wertes

Darüber hinaus ermittelt stilversprechend auch den Flesch-Wert und ordnet ihn auf einer Skala von "Kant" bis "Comic" an. Der Flesch-Wert, auch Lesbarkeitsindex oder -grad genannt, misst die Lesbarkeit und Verständlichkeit eines Textes aufgrund seiner Struktur. Zugrunde liegt die Annahme, dass kürzere Wörter und Sätze leichter verständlich sind als lange. 
Ein Text gilt als umso verständlicher, je höher der Flesch-Wert ist. Dennoch gibt es nicht den einen optimalen Wert für alle Texte, denn sowohl die Textsorte als auch die Zielgruppe müssen berücksichtigt werden.

Neben dem Flesch-Wert berechnen viele Tools den Gunning-Fox Index, der als Kennzahl auf der Stufe "interner Output" des DPRG/ICV-Bezugsrahmens für Kommunikations-Controlling angesehen ist. Der Index wird gebildet auf Grundlage der durchschnittlichen Anzahl der Wörter pro Satz und dem Prozentsatz von Wörter mit drei oder mehr Silben. Als Ergebnis gibt er aus, wie viele Schuljahre notwendig sind, um einen Text zu verstehen. 

Bewertung des Tools stilversprechend: Anwenderfreundlich, aber nicht valide

Punkten kann stilversprechend durch seine einfache Bedienbarkeit. Um einen Text zu analysieren genügt es, ihn als Word- oder PDF-Dokument hochzuladen oder einfach in das Textfeld reinzukopieren. Bei Webseiten muss die entsprechende Adresse eingegeben werden. Durch die Hervorhebung der analysierten Bereiche und die erklärende Info-Funktion bei jeder Analyseform, werden die Ergebnisse übersichtlich und nachvollziehbar präsentiert. Die Auswahl verschiedener Analysemöglichkeiten macht das Tool umfangreicher als viele andere Angebote. 

Der große Haken bei allen kostenlosen Online-Tools, die auf Verständlichkeit von Texten testen, ist jedoch die Validität der Ergebnisse. Ein Test mit unterschiedlichen Texten - einem Beitrag aus der FAZ und einem Kinderlexikon - ergab verschiedene Flesch-Werte. Stilversprechend schätzte den Text für Kinder als sehr einfach ein, der FAZ-Text wurde als schwierig eingestuft. Auf den ersten Blick scheint dies nachvollziehbar, doch da es sich nicht um eine wissenschaftliche Methode handelt, kann die Validität der Ergebnisse nicht sichergestellt werden. Außerdem reicht die Berechnung von Formeln nicht aus, um Sprache zu analysieren. Auch qualitative Verfahren sind dafür notwendig.

Bisher gibt es kein kostenfreies Tool, das mehr als einen ersten Indikator für Verständlichkeit darstellt, von professionellem Kommunikations-Controlling sind diese Angebote weit entfernt. 

Professionelle Software: TextLab

Ein Beispiel für ein professionelles Tool ist „TextLab“. Die Software ermittelt auf Grundlage von Ansätzen aus Kognitions- und Sprachpsychologie, Linguistik und Kommunikationswissenschaft die Verständlichkeit eines Textes. Dabei kann der Nutzer neben den gewünschten Parametern auch die gewählte Textsorte und seine Zielgruppe angeben. Nach der Festlegung von Standards und Zielvorgaben lässt sich für alle Parameter ein visueller Vergleich von Soll- und Ist-Zustand ausgeben. Dadurch sollen Barrieren und Potenziale für eine zielgruppengerechte Organisationskommunikation aufzeigt werden.
Wer das Tool ausprobieren möchte, kann unter der E-Mail Adresse infocomlab-ulm.de einen kostenlosen, zweiwöchigen Testzugang beantragen. 

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